Das Anthropozän, unser neues Erdzeitalter?

 

Auf die Frage, in welchem Erdzeitalter wir leben, würden den meisten Menschen wohl das Holozän einfallen. Zumindest war so noch der Forschungsstand bis vor ein paar Jahren eine neue These die Gemüter der Geologen weltweit in Aufregung versetzte: Der Mensch habe seit der Erfindung der Dampfmaschine so markant in die Natur der Erde eingegriffen, dass sich dadurch kaum noch von der gleichen Situation auf der Erde sprechen lassen kann wie zu Beginn des Holozän, das auf vor 12.000 Jahren angesetzt wird. Die Befürworter der These vom Anthropozän zeigen auf, dass sich das Antlitz der Erde in den letzten 300 Jahren durch die Ausbeutung fossiler Brennstoffe massiv verändert habe. Seit rund 70 Jahren könne man sagen, die Menschen beherrschten tatsächlich die Natur, sei es mit Atomwaffen, sei es mit Autoabgasen.

Die Geological Society of London hat bereits zögerlich zugestimmt, dass die Veränderungen, die die Menschheit in den vergangenen drei Jahrhunderten der Erde angedeihen ließ, diese so stark verändert haben, dass man von einem neuen Erdzeitalter sprechen könne. Dies ist eine in der Geologie revolutionäre Feststellung, erstreckte sich doch das vorhergehende Erdzeitalter, das Pleistozän, noch über einen Zeitraum von anderthalb Millionen Jahren.

Noch ist diese These mindestens so umstritten wie die der Erderwärmung, etwa durch die Lobbyarbeit der Industriekonzerne, die zu den erheblichen Auswirkungen unseren Lebensstils auf die Umwelt schweigen oder sie vertuschen und einer Gesellschaft, der es schwerfällt, derart drastisch ihren Lebensstil in Frage zu stellen.

Das Forum zu einer behutsamen Annäherung an Für und Wider der Anthropozän-These bietet derzeit das Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin. Seit dem 1. Januar gibt es Vorträge und eine Ausstellung zum Thema und die verwirrende Plakate verunsichern derzeit Besucher und Einwohner der Stadt: Ist das Anthropozän schön? Ist das Anthropozän gerecht?